Menschen auf dem Weg [3]
Ich habe eine Tradition zum Jahreswechsel. Ich reflektiere das vergangene Jahr und blicke vor auf das kommende Jahr, indem ich einen Fragebogen durchgehe. Dazu gehört unter anderem auch die Frage, welche Menschen mein Leben betreten haben und von welchen Menschen ich mich verabschiedet habe. Es hilft mir definitiv dabei, bewusster zu leben.
Mit dem Umzug nach Freiburg ließ ich einige Menschen zurück. Menschen, die mich über Jahre hinweg begleitet und geprägt haben. Freunde und Freundinnen, Kommilitonen, Bekannte, Mentoren, Unterwegsler, Wegbegleiter. Und bei manchen „Abschieden“ stand die Frage im Raum, wie lange man noch in Kontakt stehen würde und ob es wirklich die Freundschaften waren, die ein Leben lang halten werden. Denn auch, wenn man sich immer mal wieder sieht, gehen die Lebenswege doch getrennt weiter.
Mit dem Umzug betrat aber auch eine Menge neuer Menschen mein Leben. Manche kamen einfach so in die Wohnung spaziert, andere musste ich selbst suchen. Es gab diese seltsamen Momente, in denen ich zaghaft lächelnd am Rande des Geschehens stand, hin- und hergerissen zwischen Bleiben und Gehen. Da war dieser Moment, als ich das erste Mal seit langer Zeit jemanden auf Facebook hinzugefügt habe, mit dem ich noch keine gemeinsamen Freunde hatte. Das leise Betreten neuer Netzwerke, ein vorsichtiges Sondieren von Dynamiken, das Überprüfen von Passform und Sitzgenauigkeit.
Am Ende des Jahres zu sehen, wie viele neue Persönlichkeiten mein Leben bereichern, lässt mich staunen und dankbar werden. Für die Menschen, die sehen, dass ich einen schlechten Tag hatte und sich mit den Worten „Okay, ich frag nicht weiter“ aus dem Staub machen. Die anfangen, mich Frau Blume zu nennen. Bei denen ich in der Ecke krümeln darf, wenn ich eine Pause von der Welt brauche. Die mich fördern und fordern. Die mir beim Wichteln u.a. einen alten Schuh vom Straßenrand überreichen, weil sie wissen, dass ich darüber lachen kann. Die mich wirklich schnell kennengelernt haben.
Und schließlich gibt es die Wahnwitzigen, die kamen und sahen und nie wieder gingen. Deren Lebenswege meine gekreuzt haben und die trotz aller Entfernungen und Turbulenzen immer wieder neue Geschichten mit mir schreiben. Denen gebührt ein Universaldankeschön.
Für die Menschen dankbar zu werden, die mit mir auf dem Weg sind, hat seinen Platz an der Weihnachtskrippe. Dort sehen wir nicht nur das Kind, das kam, um mit uns zu sein und Anteil an unserem Leben zu haben. Wir sehen ein Kind umringt von Menschen: Der eigenen Familie, Bekannten, Unbekannten aus Fern und Nah. Ein Leben in Gemeinschaft und Jüngerschaft. Wir sehen ein Kind, das Generationen und Traditionen verbindet, das vereint und Unterschiede überwindet. Ein Kind, das Freundschaft und bedingungslose Versöhnung vorlebt. Einen Menschen, der allen Grund dafür gibt, gemeinsam auf dem Weg zu sein.
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Mehr vom (unvollständigen) Weihnachtscountdown gibt es hier nachzulesen.